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Grüne Agenda Finanzmarktregulierung

Starting: 17 Dec Ending

0 days left (ends 15 Mar)

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Im folgenden Text haben wir unsere Sicht auf die wichtigsten Elemente für eine Grüne Agenda für krisenfeste, verbraucher- und investitionsfreundliche Finanzmärkte zusammengefasst. Sie beruhen auf unseren Erfahrungen in der Finanzmarktpolitik in Bundestag und Europaparlament sowie aus aktiver Tätigkeit im Finanzmarkt. Jetzt hoffen wir auf Ihr und Euer kritisch-konstruktives Feedback und Vorschläge für Änderungen, Streichungen und Ergänzungen. Wir freuen uns auf Kommentare und Bewertung bis zum 15. März 2016 Alle Kommentare werden wir bei der Erstellung der Endfassung berücksichtigen, die dann zu einem gemeinsamen Beschluss der Grünen wirtschafts- und finanzpolitischen Abgeordnetengruppen in Europaparlament und Bundestag führen soll.

Für Textänderungen bitte auf den Stift oben rechts bei jedem Paragraphen klicken!

Gerhard Schick, Sven Giegold, und Udo Philipp

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Status: Closed
Privacy: Public
Member of the European Parliament and the Committees for Economic/Financial and for Constitutional Affairs

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TOO BIG TO FAIL SUBVENTIONEN BEENDEN

P139

In keinem anderen Wirtschaftssektor ist in den letzten Jahren so deutlich geworden, was es bedeu­tet, wenn man Unternehmen nicht einfach pleite gehen lassen kann. Too big to fail ist das Schlagwort seit der Finanz­krise. Als die USA Lehman in den Konkurs schick­ten, gingen Schockwellen um den Globus. Für die verantwortlichen Personen in der Bundesregierung war dies die „größte wirtschaftspolitische Fehlentscheidung des 21. Jahrhunderts“[20]. Für alle Verantwortlichen erschien es damals völlig normal, dass der Staat die Banken retten musste.

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P140

Diese vermeintliche Alternativlosigkeit führte zu unvorstell­bar hohen Kosten: Allein in Deutschland mussten die Steuerzahler*innen Banken mit der astronomischen Summe von insgesamt 392 Milliarden Euro vor dem Zusammenbruch retten. Ein Teil dieser Mittel konnte zwar abgelöst werden. Doch auch im Jahr 2015 beträgt die Auswirkung der Banken­rettung auf den Schulden­stand Deutsch­lands immer noch fast 9% des BIPs.[21]

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P141

Im Grunde noch schlimmer sind jedoch die sich aus dem too big to fail Status ergebenden laufenden Wettbewerbsvorteile: Große Banken können sich zu deutlich subventionierten Konditionen verschulden. Weil die Geldgeber*innen wissen, dass diese Banken nicht in Konkurs gehen können, sind Anleihen großer Banken so sicher wie Staatsanleihen. Jedes Jahr fließen auf diese Weise impli­zite Subventionen von über 200 Milliarden Euro an Europas Großbanken. Dank dieser extrem günstigen Refinanzierungs­konditionen können diese Banken ein wesentlich größeres Rad drehen.

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P142

Kleine Banken, die nicht in den Genuss dieser Subventionen kommen, haben einen mas­siven Wettbewerbsnachteil. Kein Wunder, dass die Großbanken so hohe Erträge erwirt­schaften, dass sie ihre Mitarbei­ter*innen mit fürstlichen Gehältern und exorbitanten Boni ent­lohnen können.

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Radikales Bail-In der Gläubiger

P143

Der größte Skandal während der Bankenrettung war, dass die Bundesregierung, so wie manche andere Staaten, auch die Bankaktionäre und -gläubiger rettete und so die Marktwirtschaft komplett aushebelte: Vor der Krise durf­ten die Aktionäre mit einer hochriskanten Geschäftspolitik eine Verzinsung von 25% auf ihr eingesetztes Kapital ein­streichen und in der Krise haben sie noch nicht einmal ihr Kapital verloren.

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P144

Die neue europäische Bankenabwicklungsrichtlinie (BRRD) ist hier ein großer Fort­schritt. Sie erleichtert die Bankenrestrukturierung und schreibt den Regie­rungen vor, dass in Zukunft zunächst die Aktionär*innen und ein Teil der Gläubiger*innen haften müssen, bevor der Staat die Bank auffangen darf. Die BRRD er­laubt den Staaten jedoch, die Banken in bestimmten Ausnahmefällen vor der Abwick­lung noch mit Steuergeldern auf­zu­päppeln. Außerdem fordert sie lediglich eine Mindesthaftung von 8% der Bilanz[22] und nimmt zudem kurz­fristige Inter­bankengläubiger explizit von der Haftung aus. Ausgerechnet diejenigen Gläubiger*innen, die den Banken schon vor der Krise blind und billigst Geld zur Verfügung gestellt haben und ihnen ermöglicht hatten, das hoch riskante Handelsgeschäft zu finan­zieren, müssen sich also immer noch keine Sorgen machen.

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P145

Wir wollen daher die Mindesthaftung von 8% erhöhen. In einer Krise muss zunächst das vollständige Fremdkapital in Eigenkapital gewandelt werden, bevor ein bail-out durch Steuergelder erlaubt ist. Ausgenommen werden dürfen nur die staatlich geschütz­ten Einlagen. Wir wollen allerdings zusätzlich zu den Einlagen von Privatkunden, die bis zu 100.000 Euro geschützt sind, noch die Betriebsmittel von Unternehmen schützen. Unternehmen müssen die Möglichkeit haben, ihre laufenden Zahlungsverpflichtungen, wie zum Beispiel die Gehaltszahlungen eines Monats, einer Bank anzuvertrauen, ohne sich über eine potentielle Pleite der Bank Sorgen zu müssen.

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Keine trojanischen Pferde – no creditor worse off reformieren

P146

Die Finanzmarktlobby konnte mit dem sogenannten no creditor worse off Prinzip ein Trojanisches Pferd in das Gesetz platzieren. Ein Gutachter muss sich überlegen, was die Vermögensgegenstände der Bank wert sind. Dies ist nicht möglich, ohne sich auf die Modelle der Bank zu stützen. Noch schwie­riger ist es, einen fiktiven Kon­kurswert zu bestimmen. Viele Ver­mögenswerte einer Bank können sich im Chaos eines Konkur­ses in Luft auflösen. Genau­so ist aber auch das Gegen­­teil mög­lich. Unter­nehmen haben jede Menge Tafelsilber, dessen Markt­wert deutlich höher als der Buchwert ist.

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P147

Man muss sich nur die aktuellen Kurs-Buch Verhältnisse der Banken in Europa ansehen, um das Problem zu verstehen. Der Buchwert eines Unternehmens entspricht im Grunde dem Zerschlagungswert. Bei Com­merz­bank und Deutsche Bank entspricht der Marktwert aber nur 50% des Buchwertes. Das heißt, der Konkurswert der Commerzbank ist doppelt so hoch wie der heutige Marktwert. An­statt die Aktionär*innen im Rahmen eines bail-in zur Kasse zu bitten, würden die Aktionär*innen also bei einer Abwick­lung eine Entschä­di­gung in Höhe des doppelten Aktienkurse erhalten.

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P148

Es besteht also enormer Spielraum bei diesem Gutachten. Der Staat hat zusätzlich das Gutachten in die Hand der Finanzindustrie gegeben: Es darf nicht von den Aufsichtsbe­hörden ge­macht wer­den. Wer außer der Aufsicht hat die Kompetenz? Nur Berater, die in ihrem Lebens­unter­halt von den Banken abhängig sind. Sie werden kaum ein neutra­les Gut­achten produ­zie­ren.

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P149

Wir wollen daher das no creditor worse off Prinzip neu definieren. Wir wollen dafür sorgen, dass die notwendigen Gutachten vor einem bail-in von einer öffentlichen Institution durchgeführt werden können. Außerdem wollen wir verfassungsrechtlich klären, wie wir die juristischen Spielregeln für den Erwerb von Bankaktien so fassen können, dass Aktionäre ihre Ansprüche auch ohne Entschädigung verlieren können, falls die Eigenkapitalquote unter 5% fällt: Aktionären von syste­misch wichtigen Banken muss klar gemacht werden, dass sie in ein Unternehmen inves­tieren, das niemals in einen normalen Konkurs gehen kann. Sie müssen dafür Sorge tra­gen, dass die Bank ausreichend kapitalisiert ist und ausreichend Liquidität zur Ver­fügung hat. Wenn ihnen das nicht gelingt, verlieren sie ihre Ansprüche, selbst wenn in einem hypothetischen Konkursfall theoretisch noch Masse vorhanden gewesen wäre. Es werden so viele Kredite in Eigenkapital gewandelt, bis die Bank wieder ausrei­chend kapitalisiert ist. Eine Ausgleichszahlung findet nicht statt. Die Gläubiger wurden ja nicht enteignet, sie haben Aktien der Bank erhalten. Weitere Ansprüche haben sie nicht.

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Bankenunion vollenden

P150

Ein Grund für die hohen Kosten der Krise war auch, dass die BaFin, so wie viele andere nationale Aufseher auch, komplett weisungsabhängig von der Politik ist und sich daher nicht traut, die sogenannten nationalen Bank Champions wirklich hart zu beaufsichti­gen oder gar rechtzeitig in die Abwicklung zu schicken. Regulatory forebearance wird dieses typische Verhalten in der Wissenschaft genannt. Außer­dem hat die Krise gezeigt, dass es eine fatale Abhängigkeit zwischen Banken und Staaten gibt. Kamen Banken in die Krise, befürchteten die Märkte, dass die Rettung den Staat ruinie­ren würde. Kamen Staats­finan­zen in die Krise, befürchteten die Märkte, dass die Banken ebenfalls in den Ruin getrie­ben würden.

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P151

Diese Probleme wurden mit der Bankenunion adressiert, einem Reformprojekt, das wir als europäische Grüne als Berichterstatter im Europaparlament maßgeblich mitgestaltet konnten. Auch wenn die neuen Institutionen, die gemeinsame Aufsicht (SSM), die ge­mein­same europäische Abwicklungsbehörde (SRM) und der Abwicklungsfonds (SRF) natürlich angesichts notwendiger politischer Kompromisse und Zwänge, die sich aus den europäischen Verträgen ergeben, nicht perfekt sind, werten wir die Bankenunion doch als einer der größten Errungenschaften seit der Krise. Sie bringt eine Trennung von wirt­schaftlicher und politi­scher Macht. Erstmals verzichten Nationalstaaten auf die Möglich­keit, ihre Banken mit dem Geld der Steuer­zahler zu retten und mit laxer Finanzaufsicht zu hätscheln.

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P152

Probleme sind eine fehlende Kreditlinie des Abwicklungsfonds, die Ansiedlung des SSM in der EZB, viele der 150 nationalen Sonderregelungen im Europäischen Bankenauf­sichtsrecht, die Bankenabgabe, die kleine und wenig riskante Banken zu stark belastet; die komplizierte Entscheidungs­struktur im SRM zur Abwicklung einer Bank und die fehlende europäische Einlagen­sicherung.

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P153

Die Ansiedlung des SSM bei der EZB ist den europäischen Verträgen geschuldet. Wenn es in den nächsten Jahren zu einer Vertragsänderung kommt, wollen wir die gemeinsame Aufsicht außerhalb der EZB in einer eigenen EU Institution organisieren. In diesem Zu­sam­menhang wollen wir auch den ESRB unabhängig von der EZB machen. Dann wollen wir die Aufsicht auch über die Banken hinaus auf die großen Versicherungen ausdehnen. Die EZB darf aus rechtlichen Gründen keine Versicherungsaufsicht betrei­ben. Dies war einer der Hauptgründe, weshalb es nicht zur gemeinsame Aufsicht über große, grenzüber­schrei­tende Versicherungs­grup­pen gekommen ist.

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P154

Wir wollen auch die Entscheidungsstrukturen der europäischen Abwicklungsbehörde deutlich vereinfachen. In Zukunft soll die Behörde die Entscheidung zur Bankenabwick­lung auto­nom treffen. Willkürliches Handeln wird vermieden, da sich die Behörde nach vollzo­ge­ner Abwicklung in aller Transparenz vor dem Europäischen Parlament verant­worten muss.

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