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Grüne Agenda Finanzmarktregulierung

Starting: 17 Dec Ending

0 days left (ends 15 Mar)

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Im folgenden Text haben wir unsere Sicht auf die wichtigsten Elemente für eine Grüne Agenda für krisenfeste, verbraucher- und investitionsfreundliche Finanzmärkte zusammengefasst. Sie beruhen auf unseren Erfahrungen in der Finanzmarktpolitik in Bundestag und Europaparlament sowie aus aktiver Tätigkeit im Finanzmarkt. Jetzt hoffen wir auf Ihr und Euer kritisch-konstruktives Feedback und Vorschläge für Änderungen, Streichungen und Ergänzungen. Wir freuen uns auf Kommentare und Bewertung bis zum 15. März 2016 Alle Kommentare werden wir bei der Erstellung der Endfassung berücksichtigen, die dann zu einem gemeinsamen Beschluss der Grünen wirtschafts- und finanzpolitischen Abgeordnetengruppen in Europaparlament und Bundestag führen soll.

Für Textänderungen bitte auf den Stift oben rechts bei jedem Paragraphen klicken!

Gerhard Schick, Sven Giegold, und Udo Philipp

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Status: Closed
Privacy: Public
Member of the European Parliament and the Committees for Economic/Financial and for Constitutional Affairs

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P248

Auch aus Gesichtspunkten der Finanzmarktstabilität ist die Lebensversicherung in ihrer jetzigen Form problematisch. Finanzmathematisch ist es abschreckend teuer, eine Garantie für Sparleistungen abzugeben, die erst Jahrzehnte später geleistet werden. Die Versiche­rer geben also Versprechen ab, die sie in schlechten Zeiten unmöglich halten können. Sie müssen dabei noch nicht einmal eigenes Risiko tragen, dafür gibt es stattdessen Gesetze, die es den Versicherern erlauben, in schlech­ten Zeiten ihre Kunden zu enteignen, ohne dass die Aktionäre zuerst zur Kasse gebeten werden. Die anhaltende Niedrigzinsphase und die Krise der Versicherungsbranche zeigen, dass es sich hier nicht um ein fiktives Horrors­zenario handelt. In der betrieblichen Alters­vor­sorge haben einige Pensionskassen bereits mit diesen Leistungskürzungen angefan­gen.

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P249

Es hat zwar in den letzten Jahren immer wieder Reformgesetze für die Lebensversiche­rungswirtschaft gegeben. Diese waren aber immer nur Stückwerk und die Maßnahmen gingen regelmäßig einseitig zu Lasten der Verbraucher*innen. Insbeson­dere ist voll­kommen unverständlich, wie es sein kann, dass die Bundesregierung die drastischen Warnungen der Bundesbank so nonchalant in den Wind schlagen kann. Die Bundesbank zeigt, dass der Lebensversicherung eine Existenzkrise droht, wenn sie nicht konsequent ihre Eigen­kapitalpuffer erhöht und ihre Gewinne vollständig thesauriert. Die Bundes­regierung erlaubt den Unternehmen aber immer noch, ihre Gewinne auszu­schüt­ten.

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P250

Wir wollen nicht sehenden Auges in die nächste milliardenschwere staatliche Rettungs­aktion schlittern. Wir müssen die Versicherungsbranche daher robuster machen und dafür sorgen, dass die Versicherungsunternehmen scheitern können, ohne dass sich die private Altersvorsorge der Versicherten in Luft auflöst.

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P251

Während Banken ihr Eigenkapital wenigstens in Prozent messen und im Durchschnitt immerhin fast 5% Eigenkapital in ihrer Bilanz ausweisen, geben die Versicherer ihr Eigenkapital in Promille an, so unterkapitalisiert sind sie. Viele Versicherer haben weniger als 1% Eigenkapital. 1,5% ist der Branchendurchschnitt. Auch festverzinsliche Wertpapiere unterliegen aber hohen Kursschwankungen. Wenn die Zinsen wieder auf ein normales Niveau ansteigen, können die Anlagen der Versicherer zweistellige Verluste verbuchen.

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Solvency II früher einführen und verschärfen

P252

Solvency II heißt das europäische Regelwerk, das mit der schlechten Kapita­lisierung der Versicherungsindustrie aufräumen wollte. Leider hat sich hier Lobbyarbeit – insbeson­dere vom deutschen Versichererverband GDV – einmal wieder bezahlt gemacht. Die Richt­linie ist löchrig wie ein Schweizer Käse. In ihrer Konzeption entstammt sie der Philoso­phie des überkomplexen Bankenregelwerks Basel II, das den Banken erlaubt hatte, ihre Risiken selber zu berechnen. Auch Solvency baut auf diese internen Risikomo­delle und auf zu hohe Komplexität.

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P253

Ein großes Problem ist die Höhe der vertraglichen Garantieverpflichtungen. Derzeit erlauben die deutschen Bilanzierungsvorschriften den Versicherern diese mit viel zu niedrigen Werten zu bilanzieren. Dies liegt daran, dass eine realistische Bewertung leicht dazu führen würde, dass die Versicherer aufgrund von Überschuldung insolvent wären. Die Übergangsfristen zu den etwas realistischeren Werten aus Solvency II sind mit 15 Jahren absurd lang. Vor allem, weil sich auch bei Solvency II noch das Prinzip Hoffnung durchgesetzt hat. Die Regulierung baut darauf, dass in Zukunft der Zins für risikolose Anlagen wieder von derzeit etwa 0,5% auf 4,2% steigen wird. Sollte der Zins niedriger bleiben, sind die Garantieverpflichtungen weiterhin zu niedrig bilanziert und die Ver­sicherer hätten nicht ausreichend Vermögen, um sie zu bedienen. Außerdem wurden den Kapitallebensversicherern auf europäischer Ebene gegen jahrelangen Grünen Widerstand noch eine Reihe willkürlicher Optionen eingeräumt, mit denen sie ihre Kapitalanforde­rungen kleinrechnen können.

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P254

Um Versicherer wirklich robuster zu machen, wollen wir sie verpflichten, deutlich mehr Eigenkapital einzusetzen. Lange Übergangsfristen sind dabei völlig fehl am Platz, schließlich zeigt die Bundesbank, dass 80% der Unternehmen schon in den nächsten Jahren insolvent werden, wenn sie nicht substanziell Eigenkapital aufbauen und Kosten reduzieren. Diese Analysen dürfen nicht folgenlos bleiben. Ein Geschäftsmodell, das Kunden über Jahr­zehnte laufende Garantien verspricht, und zusätzlich den Kunden feste und jederzeit realisierbare Rückkaufswerte gestattet, lässt sich nur mit einem hohen Eigenkapitalpuffer betreiben, wenn nicht im Krisenfall der Staat zur Haftung heran­gezogen werden soll. Wir wollen daher die zu langen Übergangsregeln von Solvency II deutlich verkürzen, die diversen Extrawürste bei den Kapitalanforderungen streichen und wir wollen den Langfristzins zur Berechnung der Rückstellungen von derzeit 4,3% auf ein deutlich niedrigeres realistisches Niveau absenken.

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P255

Wir wollen vor allem dafür sorgen, dass die Lebensversicherer in Zukunft echtes Eigen­kapital. Momentan besteht der mit Abstand größte Teil des aufsichtsrechtlich zu den Eigenmitteln gerechnetem Kapital aus Geldern, die den Kund*innen gehören, diesen aber noch nicht individuell zugeschrieben wurden (sogenannte freie RfB). Diese Kundenmittel sind eigentlich dazu gedacht, die Erträge in einer vorübergehenden Niedrigzinsphase zu glätten. Dadurch, dass sie von den Unternehmen mit Billigung der BaFin als Eigenkapi­talersatz genutzt werden dürfen, stehen sie den Kund*innen nicht mehr in schlechten Zeiten als Puffer zur Verfügung.

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Proaktive Aufsicht

P256

Wir wollen vor allem eine proaktive Aufsicht einführen. Die von der Bundesbank jüngst durchge­führten Prognoserechnungen, die verschiedene Zinsszenarien simuliert haben, sollen in Zukunft obligatorisch werden. Wenn sich daraus Solvenzschwierigkeiten ab­lesen lassen, wollen wir nicht zulassen, dass die Eigentümer der Versicherungs­gesell­schaften weiter­hin durch Gewinnausschüttungen, überhöhe Gehälter oder durch teuer verzinste Gesellschaf­ter­darlehen Substanz aus den Unternehmen abziehen. Wenn die Gewinn­thesaurierung nicht ausreicht, um die prognostizierten Solvenzprobleme zu beheben, wollen wir die Unternehmen zu rechtzeitiger externer Kapitalerhöhung verpflichten.

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Kundenguthaben besser schützen

P257

Versicherer müssen aber auch scheitern können, ohne dass es eine einseitige Kürzung bei den Kund*innen gibt. Das wichtigste hierbei ist ein konsequentes Haftungsverfahren für die privaten Kapitalgeber. Heute werden die Kund*innen werden mit einer garantierten Ver­zin­sung gelockt, ohne sie darauf hinzu­weisen, dass die Garantie in guten Zeiten erheb­liche Rendite kostet und in schlechten Zeiten völlig wertlos ist. Mit Paragraph 89 VAG und Paragraph 163 VVG hat der Gesetzgeber den Versicherern die Möglichkeit gegeben, in schlechten Zeiten einfach die Leistungen der Versicherten zu kürzen.

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P258

In Zukunft soll das Haftungsprinzip wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden. In der Krise dürfen Kundenansprüche nicht mehr herabgesetzt werden, bevor nicht zunächst die Aktionäre und alle Fremd­kapitalgeber zur Haftung herangezogen wurden.

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P259

Wir werden auch die Regeln des Sicherungs­fonds der Versicherungsindustrie (des soge­nannten Protektor) ändern. Das Volumen des Fonds reicht nicht, um eine größere Versi­cherung oder mehrere mittlere Versicherer aufzufangen. Wir wollen daher eine europä­ische Rückversicherungspflicht einführen. Sollte diese auch nicht ausreichen, um die Kundenguthaben in einer Krise zu garantieren, wollen wir dem Sicherungsfonds die Möglichkeit geben, sich zu verschulden und die Schulden durch eine Nachschusspflicht der Versicherungswirtschaft abzutragen. Derzeit gibt es zwar eine minimale Nachschuss­pflicht, diese ist aber zu gering dimensioniert und greift nur, wenn zuerst die Gut­haben der Kund*innen reduziert wurden. Wir wollen daher die Nachschusspflicht für den Sicherungsfonds erhöhen und nicht mehr an eine vorherige Enteignung der Kundengut­haben knüpfen. Wir wollen dem Sicherungsfonds in Zusammenarbeit mit der BaFin ermöglichen, die Bei­träge zu dem Fonds nach Risiken zu differenzieren.

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P260

Analog zur Bankenunion braucht Europa für die Branchengrößen unter den Versiche­rungen eine Versicherungsunion. Die größten Versicherer sollten direkt von EIOPA beaufsichtigt werden, wie es das Europaparlament mit Grüner Unterstützung gefordert hat. Dazu gehört auch ein europäisches Abwicklungsregime für Großversicherer, wie es die EU-Kommission bereits in Planung hat, aber in der Schublade lässt. Dabei werden wir darauf drängen, dass die Kundenguthaben geschützt bleiben und auf den Sicherungs­fonds übertragen werden, während die Unternehmen geordnet abgewickelt werden.

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P261

[1] Dies liegt nicht daran, dass die Beamten in der Finanzaufsicht bestechlich wären. Aber allein die enge menschliche Zusammenarbeit teils über Jahrzehnte prägt die Sichtweise. Zu dem Thema regulatory capture, wie dies in der Ökonomie genannt wird, gibt es umfangreiche Literatur. zB Barth, Caprio, Levine (2012) Guardians of Finance – making regulators work for us, The MIT Press

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P262

[2] um genau zu sein, finanzieren wir damit natürlich auch produktive Investitionen im Ausland und sorgen für eine alternde Gesellschaft im Inland vor. Ein Großteil der Überschüsse hat jedoch vor der Krise die Blasen in Südeuropa befeuert und ist in der Krise verbrannt. Es steht zu befürchten, dass dies momentan in anderen Teilen der Welt weiter geschieht. Cf. z.B. Simon Tilford (2015), German Rebalancing: Waiting for Godot, Center for European Reform

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P263

[3] Wie z.B. der Empfehlung des ESRB, Geldmarktfonds mit festem Rückkaufswert zu verbieten oder der Empfehlung der Bundesbank, ein Verbot für Gewinnausschüttungen bei den deutschen Lebensversicherungen auszusprechen.

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P264

[4] In den USA werden Immobilien zwar mit 30 Jahre festgeschriebenen Zinsen finanziert. Die Kunden haben aber die Möglichkeit ihr Darlehen jederzeit ohne relevante Vorfälligkeitsentschädigung zu refinanzieren.

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